Klinische Leitlinien zur Behandlung von Schulkindern mit einer Auf- merksamkeitsdefizit/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS) Gekürzte Zusammenfassung von „Clinical Practice Guideline:Treatment of the School-Aged Child with ADHD“ der Ameri- can Academy of Pediatrics, PEDIATRICS Vol. 108 No 4, Oct. 2001, S 1033ff Dr. med. M. Ryffel Die vorliegenden Leitlinien sind für Erstversorger, d.h. in der Regel praktizierende Kinderärzte, vor- gesehen und betreffen Kinder im Alter von 6 – 12 Jahren mit einer diagnostizierten ADHS (vgl. dazu American Academy of Pediatrics, Diagnosis and Evaluation of the Child with ADHD, Pediatrics 2000, 105, 1158 – 1170). Wichtig ist die Erkenntnis, dass eine erfolgreiche Behandlung nicht alleine durch den Kinderarzt, sondern nur in Zusammenarbeit mit Eltern, Lehrern und häufig weiteren Fachleuten (Psychologen, Kinderpsychiatern, Neurologen etc) erfolgreich ist. Trotz allen Bemühun- gen ist es nicht immer möglich, alle Probleme zu lösen, vor allem bei Kindern mit zusätzlichen Stö- rungen (Komorbidität). Erste Empfehlung: Sich bewusst sein, dass es sich bei der ADHS um eine langandauernde, chronische Störung handelt und dies im Behandlungsplan berücksichtigt werden muss. ADHS ist eine häufige (je nach Studie in 4 – 12 % aller Kinder vorkommende!) chronische Störung im Kindesalter und persistiert in 60 – 80 % bis ins Jugendalter. Wie bei jeder chronischen Affektion ist deshalb primär die Information/Aufklärung der Eltern und weiterer Bezugspersonen unerlässlich. Dies umfasst: • Ausführliche Informationen über das Krankheitsbild
• Regelmässiges „Updating“ und Kontrolle ob die Familie über ADHS weiterhin informiert ist
• Beratung und Coaching der Familie auf individueller Basis
• Vermittlung von altersgemässen Informationen für das Kind.
• Erreichbarkeit für Fragen der Familie zur ADHS
• Koordination der Zusammenarbeit aller Fachleute und Bezugspersonen.
• Aufstellen spezifischer und individueller Therapieziele für den Alltag.
• Förderung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen Zweite Empfehlung: Arzt und Eltern stellen zusammen mit der Schule einen Therapieplan mit spezifischen Behandlungszielen auf. Bekanntlich führen die Hauptsymptome der ADHS (Unaufmerksamkeit, Impulsivität und Hyperakti- vität) zu einer Reihe von Problemen und Schwierigkeiten sowohl in der Schule wie auch zu Hause. Entsprechend der individuellen Situation sollen die Behandlungsziele folgende Schwerpunkte bein- halten: • Verbesserung der soz. Kompetenz im Umgang mit Eltern, Geschwistern, Lehrern und Mitschü-
• Verbesserung der Schulleistungen, vor allem in Bezug auf Arbeitsvolumen und –tempo, der Effi-
zienz, Fertigstellen von Arbeiten und der Genauigkeit.
• Verbesserung der Selbständigkeit im Alltag und vor allem bei den Hausaufgaben
• Verbesserung der Selbstteuerung mit Erhöhung der Sicherheit des Kindes, z.B. im Verkehr. Zur Erarbeitung dieser Behandlungsziele ist die Zusammenarbeit von Eltern, Kind und Lehrerschaft unerlässlich. Es ist zu beachten, dass in der Regel nicht alle Probleme auf einmal gelöst werden können und dass eine Prioritätsliste aufgestellt werden muss, dass die Therapieziele realistisch bleiben und dafür der nötige Zeitrahmen eingeräumt wird. Dritte Empfehlung: Um die Behandlungsziele zu erreichen ist eine Medikation mit Stimulan- zien (Evidenz gut) und/oder eine Verhaltenstherapie (Evidenz genügend) vorzusehen. Um die Behandlungsziele zu erreichen, ist in der Mehrzahl der Fälle eine Medikation mit Stimulan- zien sehr wirksam, in vielen Fällen können verhaltenstherapeutische Interventionen alleine oder in
Kombination mit einer Medikation hilfreich sein, dies in Abhängigkeit der familiären Umstände und vor allem eventuellen Begleiterkrankungen. Medikation mit Stimulanzien Zahlreiche Studien zeigen die Wirksamkeit auf die Hauptsymptome der ADHS, wobei klinische Stu- dien in der Regel nur über kürzere Zeit durchgeführt wurden mit Ausnahme der noch laufenden MTA-Studie. Als Medikamente der ersten Wahl sind die Stimulanzien, d.h. Präparate auf der Basis von Me- thylphenidat und Amphetamin anzusehen. In den USA stehen dafür zahlreiche kurz- mittel- und lang-wirksame Präparate zur Verfügung, dies im Gegensatz zu Europa. Als Medikamente der zwei- ten Wahl werden Antidepressiva (Trizyklika und Bupropion = Zyban) angeführt. Im Gegensatz zu den meisten anderen Medikamenten ist die Dosierung der Stimulanzien nicht ge- wichtsabhängig. Entsprechend ist die langsame Auftitrierung der Dosis unerlässlich. Beim Auftreten einer Verbesserung ist mittels einer weiteren Erhöhung zu schauen, ob das Behandlungsziel noch weiter verbessert werden kann. Die für ein spezifisches Kind richtige Dosis soll bei möglichst wenig Nebenwirkungen das bestmöglichste Resultat in Bezug auf die individuell aufgestellten Behand- lungsziele erreichen. Stimulanzien sind sichere Medikamente, Nebenwirkungen sind in der Regel harmlos und z.T. vor- übergehend (Appetitverlust, Kopf- und Bauchschmerzen, Einschlafprobleme, Zittrigkeit etc) und können auf eine Dosisreduktion verschwinden. Tics unter Stimulanzien sind relativ häufig, selten schwerwiegend und in der Regel kein Grund zum Abbruch der Behandlung. Auch Epilepsie ist keine absolute Kontraindikation für den Einsatz von Stimulanzien. Eine zu hohe Dosis führt zum „Überfo- kussieren“ und zu Apathie. Selten können dadurch psychotische Reaktionen oder Halluzinationen auftreten. Kontrollierte Langzeitstudien zeigen keinen signifikanten Einfluss auf die Erwachsenen- grösse. Ob die häufig praktizierten „drug-holidays“ wirklich Sinn machen, bleibt offen. Zusatzempfehlung: Wenn das erste Stimulans (z.B. Methylphenidat) nicht günstig wirkt, soll ein zweites Stimulans der anderen Wirkstoffgruppe(z.B. Amphetamin) eingesetzt werden. Verhaltenstherapie umfasst eine Reihe von unterschiedlichen Therapieansätzen mit dem gemeinsamen Ziel, durch Ein- fluss auf die Umgebung das Verhalten des Kindes in geeigneter Weise zu verändern, d.h. es wer- den zu Hause und in der Schule Veränderungen in Bezug auf Routine/Strukturen, vermehrter Zu- wendung und Vermeidung von Ablenkung eingeführt. Allerdings fehlen zur Evidenz dieser Mass- nahmen weitgehend wissenschaftliche Untersuchungen. Spezifische Techniken mit Belohnungs- systemen (positiver Verstärkung), negativen Konsequenzen wie „Time out“ und Belohnungsentzug werden meist durch Psychologen oder heilpädagogisch ausgebildete Pädagogen an Eltern und Leh- rer vermittelt. Diese zeitaufwendigen und häufig in Gruppen durchzuführenden Programme haben sich bewährt und können häufig in Kombination mit einer Medikation eine grosse Hilfestellung bie- ten. Naturgemäss sind wissenschaftliche Untersuchungen dazu kaum durchführbar (vgl. aber doch dazu die MTA-Studie!) Eigentliche Psychotherapien (wie Spieltherapie etc) haben sich für die ADHS-Symptomatik nicht bewährt. Vierte Empfehlung: Wenn die angestrebten Behandlungsziele nicht erreicht werden, muss die Diagnose überprüft, allenfalls ein anderes Behandlungskonzept eingeführt oder das Vor- liegen von Begleiterkrankungen abgeklärt werden. Obwohl die meisten richtig diagnostizierten ADHS-Kinder auf das angeführte Behandlungsvorgehen ansprechen, sind Versager nicht ungewöhnlich. Wie bereits angeführt sind bei der Medikation immer beide Gruppen von Stimulanzien lege artis zu versuchen. Weitere Gründe für Misserfolge umfassen: • Unrealistische Behandlungsziele
• Fehlender Informationsaustausch, z.B. mit der Schule
• Begleiterkrankungen, welche die ADHS– Symptomatik beeinflussen
• Fehlende Compliance, ungünstige familiäre Verhältnisse
Fünfte Empfehlung: Regelmässiges „Follow up“ und „Monitoring“ bezüglich der Behand- lungsziele durch systematisches Nachfragen bei Lehrern, Eltern und dem betroffenen Kind. Wie bei jeder chronischen Erkrankung ist eine regelmässige Betreuung und Verlaufskontrolle durch Arztbesuche, schriftliche Verlaufsberichte und telephonische Nachfragen unabdingbar. Dabei soll festgestellt werden, ob die Behandlungsziele erreicht worden sind, ob das Kind seiner Begabung gemäss gefördert wird und ob die Medikation noch nötig und richtig dosiert ist. Bewährt dazu hat sich ein eigentliches Verlaufsprotokoll, das von allen beteiligten Fachleuten konsultiert werden kann. Die Häufigkeit dieser Kontrollen variiert je nach der individuellen Situation stark, ärztliche Kontrollen sind in der Regel alle 3 – 6 Monate vorzusehen. Sobald das Behandlungsziel nicht mehr erreicht wird, muss der Therapieplan neu überdacht werden. Zukunftsperspektiven: Individuelles Behandlungsschema und Verlauf (outcome) Noch ist offen, ob eine frühzeitige Medikation oder eine Kombination mit, resp. eine alleinige Ver- haltenstherapie den Langzeitverlauf unterschiedlich beeinflussen. Sind die häufigen Begleiterkran- kungen wie Angststörung. Depressionen oder Trotzverhalten eine Folge von ADHS, können sie durch eine frühzeitige Behandlung vermieden werden oder treten sie unabhängig davon auf ? Ver- mindert eine optimale Betreuung im Kindesalter wirklich Probleme im Erwachsenenalter? Neue Behandlungsmöglichkeiten: Wünschenswert wäre eine längerandauernde und im Idealfall heilende („kurative“) Therapie. Auch Strategien mit „gesundem Menschenverstand“ wie die Veränderung von Umweltfaktoren (Reizüber- flutung als Stichwort) sollten einbezogen werden. Zusätzlich besteht ein grosser Nachholbedarf an wissenschaftlichen Untersuchungen über die Wirksamkeit von vielen angewendeten Alternativthe- rapien wie Neurofeedback, Ergotherapie, Vitamingaben, Phytotherapie und Diätempfehlungen, die bisher kaum systematisch evaluiert worden sind. Langzeitstudien: Bisher fehlen prospektive Langzeitstudien über Jahre. Die bisherigen Studien über Wochen und Monate sollten deshalb während Jahren bis ins Erwachsenenalter weitergeführt werden. Betreuungskonzepte: Die bisherige Verschreibungspraxis von Stimulanzien hat z.T. berechtigterweise zu Kontroversen geführt. Es muss festgelegt werden, wer und wie ADHS diagnostiziert wird und wer sie optimal be- handelt. Die bestmöglichen Therapiekonzepte sollten systematisch ausgewertet und dann ange- wendet werden. Ebenso sind dabei die Kosten hinsichtlich Langzeitverlauf zu berücksichtigen. Epidemiologie und Aetiologie: Fragen zur Prävention (z.B. welche sozialen und umweltabhängigen Faktoren sind in einer jungen Familie in Bezug auf die Entstehung einer „genetisch determinierten“ ADHS entscheidend?) und frühzeitigen Intervention sind vermehrt zu bearbeiten. Aetiologie und die Epidemiologie bedürfen weiterer Studien.
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