Was uns wirklich krank macht1
- zur Psychopathologie des Web-Zeitalters
Nicht die Technologie ist das Problem, sondern die Kombination von
Wer überleben will, muss konkurrenzfähig sein, und wer
Informationsstress und Konkurrenzdruck. Wer konkurrenzfähig sein
konkurrenzfähig sein will, muss vernetzt sein, eine riesige
will, muss vernetzt sein. Das führt zu permanentem Aufmerksamkeits-
und ständig wachsende Datenflut aufnehmen und verar-
stress, für Affektivität fehlt die Zeit.
beiten. Das führt zu permanentem Aufmerksamkeitsstress,für Affektivität bleibt immer weniger Zeit.“
Die Informationsüberflutung beschäftigt uns schon eine
Um fit zu bleiben, greifen die Leute zu Prozac, Viagra, Koka-
ganze Weile. Bereits in den sechziger Jahren haben Mars-
in, Ritalin und anderen Drogen. Wenn wir diese Analyse auf
hall Mcluhan und Herbert Simon dieses Phänomen stu-
das Internet übertragen, sehen wir die beiden Bewegun-
diert. Erst war es das unübersehbare Angebot an Fernseh-
gen — die Erweiterung der Speicherkapazität und die Ver-
kanälen und Büchern, später die gigantische Speicherkapa-
dichtung von Zelt —, die Computerarbeit so stressig ma-
zität, die für Aufmerksamkeitsstörungen sorgte, doch die
chen. Daraus resultiert das Chaos unserer Zeit. Chaos ist,
Symptome waren immer gleich: Man fühlt sich überfordert
wenn sich die Welt so schnell dreht, dass wir nicht mehr
und verarbeitet die eingehenden Informationen nicht
mehr, bis das System irgendwann zusammenbricht.
Laut Berardi müssen wir uns auf die „Digital Natives“ kon-
Inzwischen sind Milliarden mit der Datenexplosion konfron-
zentrieren, wenn wir die lnformationsüberflutung verstehen
tiert, ständig online und auf immer kleineren Displays im
wollen. Die Frage, ob ältere Generationen unter einem Zu-
Netz unterwegs. Wenn täglich Hunderte von Mails gelesen
viel an Information leiden, kann hier außer Acht gelassen
und beantwortet werden müssen, kann von einer „Tyran-
werden. Berardi: ,,Fragen Sie sich nicht, ob Sie der Flut ge-
nei der kleinen Entscheidungen“ längst keine Rede mehr
wachsen sind oder nicht. Es geht nicht um Anpassung
oder Auswahl. Pan, Gott der Jagd und der Hirtenmusik,symbolisiert Überfluss und Fülle, wurde aber nie als Pro-
Kürzlich sprach ich in Bologna mit dem italienischen Me-
blem stigmatisiert. Die Menschheit war immer fasziniert
dientheoretiker Franco ,,Bifo“ Berardi. Er gehörte mit Anto-
vom sternenübersäten Nachthimmel, ist angesichts der un-
nio Negri, Paolo Virno und anderen in den siebziger Jahren
übersehbaren Zahl aber nie in Panik geraten.“
zur italienischen Autonomenbewegung, gründete denPiratensender,,Radio Alice“ und das Web-forum ,,Rekom-
Wir müssen genau beobachten, wie Menschen in der
binant“. Der Sechzigjährige, der an einer Mailänder Kunsta-
lnformationssphäre aufwachsen. Der Nonkonformist
kademie unterrichtet, hat einen scharfen Blick für die ,,pre-
Berardi hinterfragt die Auseinandersetzung zeitgenössi-
kären“ Arbeitsverhältnisse von heute. Überlastung, Kurzar-
scher Künstler und anderer mit dem ,,Werden“, einem zen-
beit, Antidepressiva, Blackberrys und Kreditkartenschulden
tralen Begriff bei Deleuze und Guattari, seinen Lehrern, mit
werden zunehmend Thema theoretischer Debatten.
denen er zusammengearbeitet und über die er ein Buchgeschrieben hat. Wir ,,werden“ keine Bewohner der digita-
Berardis Arbeiten liegen seit kurzem auf Englisch, aber
len Welt mehr, wir sind mitten im Netzparadigma. Dieser
noch nicht auf Deutsch vor. In ,,The Soul of Work“ (2009)
Perspektivwechsel hat weitreichende Konsequenzen.
beschreibt er die Entwicklung der letzten dreißig, vierzigJahre - von Entfremdung zu Autonomie, von Repression zu
Für Deleuze ist das Begehren eine positive Kraft. Begehren
hyperaktiver Selbstdarstellung, von den Hoffnungen und
kann eine gefährliche Anziehungskraft entwickeln. Inzwi-
Wünschen eines schizophrenen Aktivismus zur diffusen,
schen gilt das nicht mehr für jeden Fall. Berardi empfiehlt
wenn nicht depressiven Subjektivität der Generation Web
Mark Fishers Studie ,,Capitalist Realism’’ (2009), in der be-
schrieben wird, was passiert, wenn die Postmoderne sicheingebürgert hat. Junge-Leute sehen, dass nichts mehr
In seiner Aufsatzsammlung ,,Precarious Rhapsody“ (2009)
möglich ist. Sie spüren, dass die Gesellschaft auseinander
schreibt Berardi: ,,Der Cyberspace ist theoretisch unend-
bricht und sich nichts ändern wird. Fisher bezeichnet diese
lich, die Cyberzeit ist es nicht. Als Cyberzeit bezeichne ich
Haltung als ,,reflexive Impotenz“.
die Fähigkeit des bewussten Organismus, Informationen(aus dem Cyberspace) zu verarbeiten.“ Flexibilität in der
Berardi, psychoanalytisch ausgebildet, verweist nun darauf,
Netzökonomie hat zu einer Fragmentierung der Arbeit ge-
dass statt Mutterbindung und väterlicher Stimme die Mas-
führt, zu befristeter Zeitarbeit. Uns allen ist diese Fragmen-
chinenwelt die wichtigste Quelle für Spracherwerb ist. Das
tierung der Arbeitszeit bekannt. ,,Psychopathische Störun-
Heranwachsen in einer alles beherrschenden Medienwelt
gen, schreibt Berardi, ,,treten heutzutage immer klarer als
verändert das Verhältnis zwischen Körper und Psyche.
soziale Epidemie auf, genauer als soziokommunikative Epi-
Wir lebten, sagt Berardi, nicht einfach in einer ,,Aufmerk-
samkeitsökonomie“, die auf freier Wahl beruht. Als wärendas Mitmachen bei Facebook und Twitter und das perma-nente digitale Erreichbarsein eine Sache der freien Wahl.
1 Aus dem Englischen von Matthias Fienbork. FAZ, Feuilleton,
Die Älteren, ob konservativ oder liberal, glauben an das
21.06.2010, S.27. Nachdruck des Artikels mit freundlicher Geneh-
Prinzip der freien Entscheidung, doch für die junge Genera-
migung des Autors und des Übersetzers.
Schultze et al. BMC Infectious Diseases 2012, 12:242http://www.biomedcentral.com/1471-2334/12/242A traveller presenting with severe melioidosiscomplicated by a pericardial effusion: a casereportDetlev Schultze1*, Brigitt Müller2, Thomas Bruderer1, Günter Dollenmaier1, Julia M Riehm3 and Katia Boggian4Background: Burkholderia pseudomallei, the etiologic agent of melioidosis, is endemic to trop
FICHE N° 6 : PHARMACOLOGIE La pharmacologie est l’étude du médicament, de son usage et sa nécessaire surveillance. Cette pharmacovigilance est strictement encadrée par la loi et relève de la responsabilité de tous les professionnels de santé. C’est d’ailleurs elle qui détermine le contenu des notices accompagnant le médicament. Tout intervenant se doit d’y veiller. Avan